nr. 42 Juni 2012
1. Was ist Ihr Beruf und was ist Ihre heutige Tätigkeit?
Bauingenieurin ETH: Mitinhaberin eines Bauingenieurbüros mit 15 Angestellten, gleichzeitig tätig in der Fachhochschul Ausbildung, Gleichstellung und Politik. Meine Spezialisierung ist Tragwerksplanung.
2. Frauen sind in technischen und / oder naturwissen- schaftlichen Berufen nach wie vor selten anzutreffen. Warum haben Sie sich für eine Ausbildung in diesem Bereich entschieden?
In der Schule hatte ich eine Vorliebe für Mathematik und Naturwissenschaften. Ich habe Bauingenieurwesen statt Mathematik oder Physik gewählt, weil ich einen Beruf ausüben wollte, in dem Naturwissenschaft und Umwelt praxis- bezogen verknüpft sind.
3. Hatten Sie mit Widerständen zu kämpfen? Wenn ja, mit welchen? Was ist Ihnen besonders – sowohl negativ als auch positiv – in Erinnerung geblieben? Negativ: Verwandte, die gesagt haben «für Frauen ist keine gute Ausbildung nötig, weil sie heiraten und eine Familie gründen werden».
Positiv: meine Eltern haben mir in der Berufswahl die nötige Freiheit gegeben und mich unterstützt. Dafür bin ich ihnen heute noch sehr dankbar!
4. Wurden Sie in der Wahl Ihrer Ausbildung unterstützt? Wenn ja, durch wen? Wer war oder sind Ihre Vorbilder?
Ja, durch meinen Freund. Leider habe ich keine Ingenieurin als Vorbild gehabt: ich hätte es sehr geschätzt.
5. Ein schönes oder bemerkenswertes Erlebnis aus Ihrem Berufsleben?
Vor zwei Monaten fand die Ausschalung der grossen Auskragung von Stellwerk SBB in Pollegio statt: das ist für mich eine sehr anspruchsvolle Baustelle.
6. Welche Tipps & Tricks würden Sie jungen Frauen mitgeben, die sich für ein technisch / naturwissen- schaftliches Studium interessieren?
Ich denke, dass es auch für Frauen normal ist, technisch begabt zu sein. Ich empfehle jungen Frauen sich Vorbilder zu suchen (z. B. SVIN-Mitglieder) und deren Arbeitsstelle zu besuchen.
7. Haben Sie Frauen gefördert? Wenn ja, wie und mit welchem Ziel? Sind Sie Frauennetzwerken angeschlos- sen oder aktiv in ihnen?
Ja, mit zahlreichen Veranstaltungen im Tessin (Maitlitage, Technikwochen, Zukunftstag). Dabei zeige ich, dass Mathematik und Physik nützlich für den Alltag sind, und gleich- zeitig bin ich als Frau und Ingenieurin ein Vorbild. Durch die Gleichstellungskommission der FH SUPSI und die Politik habe ich mein Frauennetz auch ausserhalb der technischen Berufe stark erweitert.
8. Was meinen Sie zu unserer Position «mit Grund- lagenbildung in der Schule soll in der Gesellschaft das praxisbezogene technische Verständnis gestärkt werden im Hinblick darauf, dass die Menschen die Technik nachhaltig, ethisch und sozialverträglich nutzen können?»
Grundlegend, dazu müssen wir IngenieurInnen und PolitikerInnen mehr in der Dozierendenausbildung wirken können.
9. Was bedeutet für Sie der SVIN-Award?
Ich bin überrascht in der Kategorie Politik geehrt zu werden: bis jetzt habe ich nicht eine bemerkenswerte politi- sche Karriere gehabt. Es bedeutet vielleicht, dass zu weni- ge Ingenieurinnen in der Politik tätig sind? Dieser Award ist für mich ein wichtiger Anreiz für die Zukunft 😉